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Die Gewinnung von Strom aus Windkraft ist in vielen Regionen, wie auch in Mecklenburg-Vorpommern, seit Jahren ein strittiges Thema.

Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung und dem Ausbau alternativer Energiequellen, zu denen auch die Windkraft zählt, hat das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen Kyoto-Protokoll, welches im Februar 2005 in Kraft getreten ist, um den von Menschen verursachten Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Im Jahr 2007 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU darauf, dass 20% des Endenergieverbrauchs der EU bis 2020 durch erneuerbaren Energien (EE) gedeckt werden. Dies bedeutet, dass in Deutschland der Anteil der EE auf 18% erhöht werden muss.

Des Weiteren hat die Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 den Ausbau der EE noch einmal forciert, da die deutsche Bundesregierung beschlossen hat, bis 2022 vollständig auf Kernenergie zu verzichten.

Mecklenburg-Vorpommern hat die Zielstellung, dass etwa 1,5% der Landesfläche, unter Beachtung von Ausschluss- und Restriktionsgebieten, für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgehalten sein sollen. Zur Ausweisung von Vorrangflächen (Windeignungsgebiete) sind entsprechende Regionale Raumordnungsprogramme aufzustellen bzw. zu ändern oder zu ergänzen. In Mecklenburg-Vorpommern geschieht dies durch Regionale Planungsverbände. Die Regionalen Raumordnungsprogramme der einzelnen Planungsregionen befinden sich derzeit alle in Änderung und Ergänzung und liegen teilweise in unterschiedlichen Entwurfsstadien vor. Die Absicht, bis 2016 etwa 10.000 bis 13.000 ha zusätzliche Eignungsflächen auszuweisen und für die Überplanung bereitzustellen, ist entsprechend der Bearbeitungsstände der Regionalen Raumordnungsprogramme noch nicht gelungen.

Die Raumplanung hat dabei zwischen den Vorteilen - Energiegewinnung und dadurch Reduktion fossiler Energiequellen - und den Nachteilen - Verschlechterung von Landschaftsbild (subjektiv), Lebensbedingungen für Vögel etc. abzuwägen, um die vorrangig im Vordergrund stehenden Ziele der Erhaltung und Verbesserung der Lebensbedingungen für den Menschen zu erreichen.

Auch nach erfolgter Ausweisung von Eignungsgebieten unter Abwägung der Vor- und Nachteile und Beachtung aller raumordnerisch zu berücksichtigenden Hinweise müssen durch den Planer/Gutachter nochmals eine Vielzahl umweltfachlicher Sachthemen bearbeitet werden.

Natur- und Artenschutz sowie umweltschutzrelevante Themen werden dabei geprüft und bewertet. Sie werden in Umweltfachgutachten wie dem Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag (AFB), FFH-Vorprüfungen/ -Verträglichkeitsprüfung, UVP-Bericht und Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) ausführlich für die behördliche Entscheidungsfindung zur Genehmigungsfähigkeit eines geplanten Vorhabens behandelt.

Der Planer und Gutachter, der umweltfachlichen Sachthemen objektiv zu bewerten hat, steht dabei nicht selten im Spannungsfeld emotional und hitzig geführter „Kämpfe“ zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen. Durch fachliche und sachliche Argumentation sind diese Konflikte zumeist zu lösen. Die langjährige berufliche Praxis mit der Vielfalt an konfliktbehafteten Projekten, die ich während meiner Tätigkeit bisher begleitete, trägt mit dazu bei, dass zumeist für beide Seiten (BefürworterInnen und GegnerInnen) eine zufriedenstellende Lösung des Konflikts gefunden wird.

Ergänzend:

Als langjährig im Naturschutz ehrenamtlich tätige Person (z. B. als Mitglied der Projektgruppe Schreiadlerschutz) gibt es zu einigen natur- und artenschutzrelevanten Themen einen Dissens in der Bewertung der Eingriffsrelevanz von Windkraftprojekten mit behördlichen Entscheidungsträgern. Zahlreiche Regelungen und Richtlinien sind bei der Bewertung solcher Vorhaben zu berücksichtigen. Insbesondere beim Artenschutz und der Einschätzung der Kollisionsgefährdung der Artengruppe Vögel und Fledermäuse ist die sogenannten AAB-WEA (Artenschutzrechtliche Arbeits- und Beurteilungshilfe) für M-V eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Einzelfallprüfung.

Die in diesem Papier definierten Abstandsregelungen für Vögel sowie notwendige Vermeidungsmaßnahmen zur Verhinderung des Eintretens von Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG Abs. 1 u. 3, sind Hinweise die im Einzelfall auf die örtlichen Gegebenheiten anzupassen sind. Die Praxis bei den Genehmigungsbehörden ist leider eine andere. Insbesondere wenn es darum geht bei betroffenen Arten wie dem Rotmilan oder dem Schreiadler notwendige Lenkungsflächen herzustellen.

Beim Schreiadler sind z. B. 15 ha Grünlandflächen pro WEA herzustellen, sofern diese sich im Abstand von 6 km vom Brutplatz bzw. Brutwald befinden. Es geht dabei vorrangig um die Herstellung von Dauergrünlandflächen.

Die z. T. fehlende Fähigkeit, die fachliche Sinnhaftigkeit alternativer Maßnahmen neben den in der AAB-WEA aufgeführten Maßnahmen zu erkennen und diese anzuerkennen, zumal diesem Erlass keine „rechtssatzmäßige Verbindlichkeit“ zukommt (Urteil OVG Greifswald), kann dazu führen, dass Vorhaben an solchen Forderungen scheitern. Projektträger, die engagiert auch dazu bereit sind, entsprechende Lenkungsflächen bereitzustellen, sehen sich allerdings vor nahezu unlösbaren Aufgaben wenn es darum geht, Dauergrünlandflächen bereitzustellen. Dies ist daher so schwierig, da es mit wenigen Ausnahmen kaum Landwirte gibt, die ihre hochförderfähigen Ackerflächen dauerhaft als Grünland hergeben, denn nach derzeitiger Gesetzeslage verbietet es sich auch nach Auslaufen der Genehmigung und Rückbau der Anlagen, dass für einen nicht mehr vorhandenen Eingriffstatbestand hergestellte Grünland wieder als Ackerland zu nutzen. Es fehlen hier offensichtlich die rechtlichen Rahmenbedingungen, die es den potentiellen Windparkbetreibern überhaupt ermöglichen, den „Forderungen/Hinweisen“ der AAB WEA (Teil Vögel) zu genügen.

Trotz des erhöhten Kollisionsrisikos, das durch den Bau eines Windparks im Umfeld bis 6 km um den Brutplatz eines Schreiadlers eintreten kann, kann beim derzeitigen Zustand einer Vielzahl von Brutplätzen und deren Lebensräumen vom Schreiadler in M-V, gerade durch Schaffung von Lenkungsflächen die Bruterfolgsrate von Brutplätzen, die bedingt durch ein zu schlechtes Nahrungsangebot im Umfeld zu gering ist, ein rettender Beitrag für die Art geleistet werden. Dies wird leider durch die Genehmigungsbehörden verkannt.

Hätte man die bestehende AAB-WEA Teil Vögel auf alle schon bis dato in M-V errichteten Anlagen angewendet, so hätte man insgesamt ca. 15.000 Grünland oder grünlandähnliche Nahrungsflächen schaffen können. Dies wären für Mecklenburg-Vorpommern etwa 150 ha (eigene Analyse). Damit hätte man einen gewaltigen Beitrag zur Sicherung der Art geleistet. Nicht einmal ein Artenhilfsprogramm, welches dringend notwendig wäre und durch das Land M-V aufgestellt werden müsste, könnte solch umfangreiche Maßnahmen zur Schaffung von Nahrungsflächen umsetzen. Es besteht erneut die Gefahr, dass durch die z.T. unverständlich, blockierende Haltung von Genehmigungsbehörden, natur- und artenschutzrechtlich sinnvolle Maßnahmen dadurch nicht umgesetzt werden. Stattdessen wird dem Artenschwund, bedingt durch die immer intensiver genutzte Landschaft (im wesentlichen Landwirtschaft) tatenlos zugeschaut.

Die Eingriffsregelung als Instrument des Naturschutzes leistet, sofern fachlich sinnvolle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Vermeidungsmaßnahmen, … geplant und umgesetzt werden, einen wesentlichen Beitrag in der Naturschutzarbeit (siehe auch Kohlberg 2015).

Dort wo Konflikte im Natur- und Artenschutz, ausgelöst durch eingriffsrelevante Projekte wie Windkraftprojekte, zu lösen sind, sollte man die Chancen nutzen, die ein solches Projekt bietet, vor allem wenn dies auch vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Umstellung der Energieversorgung geschieht.

Kohlberg, O. (2015): Die Mutation der Eingriffsregelung im Naturschutz: Rettet uns der Markt?, in Naturschutzarbeit in Mecklenburg-Vorpommern 58. Jahrgang Heft 1/2015.

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